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Ein Beitrag von Prof. Dr. Matin Qaim der Abteilung Welternährungswirtschaft und Rurale Entwicklung & Sprecher des Graduiertenkollegs „GloablFood“ der Universität Göttingen

In einer neuen Studie, die kürzlich in Nature Sustainability publiziert wurde, haben wir gezeigt, dass Fairtrade zwar Vorteile für afrikanische Landarbeiter haben kann, aber gerade die Ärmsten der Armen oftmals nicht profitieren. Fairtrade und andere Nachhaltigkeitssiegel haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, so dass es wichtig ist, zu analysieren, ob die erklärten Ziele auch tatsächlich erreicht werden und wem konkret diese Standards eigentlich nutzen.

Wenn sich Konsumenten von Kakao, Kaffee und anderen tropischen Erzeugnissen für Produkte mit dem Fairtrade-Siegel entscheiden, dann zahlen sie etwas mehr, in der Annahme, damit zu einer Verbesserung der sozialen Bedingungen in den Entwicklungsländern beizutragen. In unserem Forschungsprojekt wollten wir herauszufinden, ob die arme Landbevölkerung in Afrika tatsächlich von der Fairtrade-Zertifizierung profitiert. Hierzu sammelten wir repräsentative Daten von 1000 Kakaobauern und Landarbeitern aus 50 verschiedenen Genossenschaften in der Elfenbeinküste, dem weltweit größten Kakaoproduzent und Exporteur.

Landarbeiterin im Kakaosektor der Elfenbeinküste (Quelle: Jorge Sellare)

Auch frühere Studien haben die sozialen Auswirkungen von Fairtrade in Afrika untersucht, aber die meisten der Studien haben vor allem auf die Preis- und Einkommenseffekte für Kleinbauern geschaut. Außer den Kleinbauern können aber auch Arbeiter und Angestellte von der Fairtrade-Zertifizierung betroffen sein. Zum Beispiel beschäftigen die Kakaogenossenschaften Angestellte, die für die Vermarktung, den Transport und andere Serviceleistungen zuständig sind. Darüber hinaus beschäftigen die Kleinbauern Arbeiter, die auf den Kakaofeldern Pflege- und Erntearbeiten verrichten. Vor allem diese Arbeiter im Kleinbauernsektor stellen eine große Bevölkerungsgruppe dar, die von Entwicklungsorganisationen oft übersehen wird. Häufig gehören diese Menschen zu den Ärmsten der Armen im ländlichen Raum.

Fairtrade schreibt für Angestellte und Arbeiter einen Mindestlohn und faire Arbeitsbedingungen vor. Für die Angestellten der Kakaogenossenschaften werden diese Bedingungen auch durchgesetzt. Unsere Daten zeigen, dass Angestellte in Fairtrade-zertifizierten Genossenschaften signifikant höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen haben als Angestellte in nicht-zertifizierten Genossenschaften. Auf der Ebene der Genossenschaften werden die Fairtrade-Standards regelmäßig kontrolliert.

Für die Arbeiter auf den Farmen der Kleinbauern zeigen unsere Daten aber keinerlei Effekte durch Fairtrade. Obwohl die Kleinbauern selbst durch die Fairtrade-Zertifizierung erheblich höhere Preise und Einkommen erzielen, werden diese Vorteile nicht an die Landarbeiter weitergereicht, noch nicht einmal teilweise.

Die Löhne und Arbeitsbedingungen auf Tausenden von kleinen Farmen zu kontrollieren ist aufwendig und wird deswegen von Fairtrade kaum gemacht. Aber ohne Kontrollen funktioniert das nicht. Hier müssen bessere Lösungen gefunden werden, um dem Fairnessanspruch umfassender gerecht zu werden.

Die Studie haben wir im GlobalFood Programm der Universität Göttingen gemeinsam mit Kooperationspartnern an der Cornell University und dem World Agroforestry Center (ICRAF) in der Elfenbeinküste durchgeführt.


Originalveröffentlichung: Meemken, E.M., Sellare, J., Kouame, C., Qaim, M. (2019). Effects of Fairtrade on the livelihoods of poor rural workers. Nature Sustainability, https://doi.org/10.1038/s41893-019-0311-5.

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