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– ein Beitrag von Daniel Lüdke und Marcel Wiermer der Arbeitsgruppe Molekularbiologie der Pflanze-Mikroben Interaktionen des Albrecht-von-Haller-Instituts für Pflanzenwissenschaften in Göttingen.

Pflanzen müssen sich ständig gegen Angriffe unterschiedlicher Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren wehren, welche sich auf oder in der Pflanze auszubreiten versuchen und auf Kosten der Pflanze zu ernähren. Solch eine Parasitierung reduziert u.a. das Pflanzenwachstum und somit auch den Ertrag in der pflanzlichen Nahrungsmittelproduktion. Pflanzen sind infektiösen Keimen im Regelfall aber nicht schutzlos ausgeliefert, da ihr Immunsystem es ihnen erlaubt krankheitserregende Mikroben zu erkennen und angemessen auf diese zu reagieren. Im Gegensatz zu Tieren und Menschen besitzen Pflanzen kein adaptives Immunsystem mit Antikörpern und spezialisierten Immunzellen, sondern ausschließlich eine angeborene, d.h. im Genom festgelegte Immunität, die jeder einzelnen Pflanzenzelle einen wirksamen Schutz gegen die meisten Krankheitskeime verleiht.

Bei den pflanzenpathogenen Mikroorganismen unterscheidet man einerseits sogenannte biotrophe Pathogene, die für ihre Parasitierung auf lebenden Wirtzellen angewiesen sind, und andererseits nekrotrophe Pathogene, die aktiv den Tod der Wirtzzellen herbeiführen um sich von den toten Überresten zu ernähren. Ein wichtiger Bestandteil pflanzlicher Immunantworten gegen biotrophe Pathogene ist das Abwehrhormon Salizylsäure, welches den meisten Menschen in seiner leicht modifizierten Form unter dem Begriff Aspirin (oder Acetyl-Salizylsäure, ASS) bekannt sein dürfte. Die schmerzstillende Wirkung dieser Substanz auf den Menschen wird bereits seit geraumer Zeit genutzt. Auch die Wirkung der Salizylsäure als Stresshormon der Pflanzen ist in der Wissenschaft seit längerer Zeit beschrieben. Dennoch konnte der genaue Biosyntheseweg, sowie der genaue Ort der Synthese innerhalb der Pflanzenzelle, bislang nicht vollständig aufgeklärt werden.

Erste Hinweise für den pflanzlichen Syntheseweg ergaben sich aus der Forschung an der Ackerschmalwand (lat. Arabidopsis thaliana), einem Wildkraut aus der Familie der Kreuzblütler und dem mittlerweile geläufigsten pflanzlichen Modellsystem. So gelang es Forschern vor fast 20 Jahren z.B. die Vorstufe der Salizylsäure, die Isochorisminsäure, zu indentifizieren, und als wahrscheinlichen Syntheseort der Salizylsäure den Chloroplasten – das photosynthetisch aktive Kompartiment (Organell) der Pflanzenzelle – zu postulieren. Der finale Biosyntheseschritt zur Salizylsäure blieb allerdings bis heute im Verborgenen.

Die Aufklärung des letzten Schrittes ist nun durch eine internationale Kooperation im Rahmen des Graduiertenkollegs „PRoTECT – Plant Responses To Eliminate Critical Threats“ am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften (GZMB) zusammen mit der University of British Columbia im kanadischen Vancouver gelungen. Hierbei kam es vor allem auf die Zusammenführung der verschiedenen Expertisen in den beteiligten Arbeitsgruppen an. So führte das Forscherteam von Prof. Yuelin Zhang in Kanada Experimente mit Arabidopsis-Mutanten durch, die einen erhöhten Salizylsäuregehalt aufweisen, um Kandidatengenen auf die Spur zu kommen welche an der Synthese beteiligt sein könnten. Diese Pflanzen wurden anschließend biochemisch in der Arbeitsgruppe von Prof. Ivo Feußner in Göttingen analysiert. Es stellte sich heraus, dass der Verlust eines Gens (PBS3) zur Anreicherung der Salizylsäure-Vorstufe Isochorisminsäure führt, während der Salizylsäuregehalt reduziert ist. In nachfolgenden Experimenten mit dem isolierten PBS3 Enzym konnte der genaue Mechanismus entschlüsselt werden: Isochorisminsäure wird durch PBS3 an Glutaminsäure gebunden, wodurch die bisher unbekannte Verbindung Isochorismat-9-Glutamat entsteht. Dieses sehr instabile Produkt zerfällt im Anschluss in Salizylsäure und ein Nebenprodukt.

Erstautor Dmitrij Rekhter und Leiter der Studie Ivo Feußner bei der Metabolomanalyse von ArabidopsisPflanzen (Foto: P. Niemeyer).

Weitere Ergebnisse aus vorherigen Studien, sowie die Befunde aus dem Partnerlabor von Prof. Zhang zeigten zudem, dass ein in der Chloroplastenhülle lokalisiertes Transportprotein (EDS5) an der Salizylsäure-Biosynthese beteiligt sein muss. Ohne diesen Transporter wird Salizylsäure nicht gebildet, auch wenn funktionales PBS3 in der Pflanzenzelle vorhanden ist. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Göttinger Arbeitsgruppe von Prof. Volker Lipka sowie unserem Labor wurde durch mikroskopische Studien gezeigt, dass PBS3 sich im Cytosol befindet, dem flüssigen Grundbestandteil jeder Zelle, der alle Organellen umgibt. Für die räumliche Aufteilung der Salizylsäurebiosynthese innerhalb der Pflanzenzelle konnte hieraus geschlussfolgert werden, dass Isochorisminsäure von dem Transporter EDS5 aus dem Chloroplasten ins Cytosol transportiert wird, wo sie im Anschluss von PBS3 an Glutaminsäure gebunden wird und Salizylsäure durch eine spontane Zerfallsreaktion entsteht.

Was bedeutet dies nun für die pflanzliche Nahrungmittelproduktion? Erste Datenbankanalysen deuten an, dass dieser für die Modellpflanze Arabidopsis beschriebene Syntheseweg auch in Nutzpflanzen vorkommt, und somit einen konservierten Prozess darstellt. Prof. Feußner fasst deshalb zusammen:

„Diese Forschungsergebnisse verbessern unser Verständnis dafür, wie Pflanzen diesen für die Abwehr von Krankheitserregern entscheidenden Regulator synthetisieren, und sie eröffnen neue Möglichkeiten für zukünftige Züchtungsstrategien mit dem Ziel einer erhöhten Resistenz gegenüber Krankheitserregern. Das ist für die Pflanzenimmunität und damit auch für eine nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion und Ertragssteigerung von grundlegender Bedeutung“.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Science.

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